Mittwoch, 21. März 2007

Im Kino

popcorn
Salziger Todeskuss im Kinositz.

Vorspann:
Ein dunkler Raum. Stufen links und rechts. Unendlich viele Sitzplätze. Menschen: Sitzend, stehend - weil zu spät gekommen- den bezahlten staubig-gepolsterten Fleck suchend. Parkett? Loge? Ein erneutes Herauskramen der Karte, es folgt die Vergewisserung über die Platznummer. Es knirscht und knarzt unter den Füßen: Popkorn. Es klebt unter den Schuhen: Verschüttete Cola, ein zurückgelassener Kaugummi - wer weiß das schon? Im Dunkeln.

Kinoatmosphäre


Besetzt! Mein Platz = Besetzt! Doch... Ich habe mit Eindringlingen gerechnet: Meine Bewaffnung: Popkorn und Salzstangen sowie eine Cola. Munition zum Abschuss bereit! In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit zeige ich mich jedoch kompromißbereit und weiche aus.

Der Salzstangeneffekt

Werbung-Ende-Filmstart:
Der Film beginnt -für mich ganz ohne Werbung. La vie en rose: Edith Piaf, die Mutter des Chansons, flimmert über die Leinwand. Mensch sieht die verbraucht aus, denke ich. Ich greife das erste Mal in die Salzstangentüte und genehme mir einen tiefen Zug aus meiner Cola. Mein Nachbar greift sich hingegen an den Hals. Ein erneuter Griff in die Salzstangentüte: Mein Nachbar atmet schwer. Ich lasse die Salzstangen sich auf meiner Zunge auflösen, ganz leise, kein Knabbergeräusch. Neben mir knackt es - nein keine Nüsse: Finger knacken. Geballte Fäuste: Ich werde mir bewusst, dass ich ganz offensichtlich meinen Nachbarn störe. Ich erinnere mich daran, dass sich dieser gewisse Herr mit Dame auf meine reservierten Plätze gesetzt hat. Ich fühle mich ihm in keinster Weise verpflichtet: Rücksicht zu nehmen kommt hier nicht in Frage.

Genüsslich

Genüsslich greife ich erneut in die Tüte...dann...eine heftige Bewegung: "Sie nerven mich!", schreit es aus ihm heraus. Mit Ernst unterrichte ich ihn darüber, dass mit einem Kinobesuch verschiedene Geflogenheiten einhergehen, unter anderem auch Knabbern. Gesprächsabruch.

Knabbern und Knarzen erlaubt!

Niemand -im Epizentrum sitzend- traut sich in den nächsten fünf Minuten in die Popkorntüte zu greifen. Ich warte eine laute Stelle im Film ab: Mit Fingerspitzengefühl und in Zeitlupe balanciere ich eine Salzstange aus der Tüte (Lautlos, versteht sich). Das Unterfangen ähnelt mehr dem strategischen, siegorientierten Mikado-Spiel: Mit Ruhe zum Ziel.

Salzstangen-Mikado

Ein scharfer Blick zu mir hinüber, eine Faust schnellt in die Höhe, Zähneknirschen und Schnaufen: Truppenaufstellung auf meiner Seite. Drohend halte ich mein Salzstangenschwert in die Höhe und demonstriere somit Bereitschaft zum Kampf. Auge in Auge - ich halte Stand. Ein wibbelndes Knie zu meiner Rechten, eine abfallende Hand. Ich bin enttäuscht, es kommt nicht zum Kampf. Vielmehr klammert sich der Mann verängstigt an den Hals seiner Frau. Triumphierend beiße ich lautstark ab, und lasse mein Schwert in den Magen schnellen.

Können Salzstangenschwerte tatsächlich Angst einjagen?

Ich weiß nicht ob ich lachen oder weinen soll? Psycho! Lust gehabt den Kampftrieb auszuleben, wie? Pah, aber nicht damit gerechnet gegen mich - die zierliche Dame mit Salzstangenschwert - zu verlieren!

In Zeitlupe: Mann verlässt Turnierplatz, Frau rückt mit gesenktem Kopf nach. Truppenrückzug!

Ich lehne mich zurück und stelle mit bester Laune fest, dass nunmehr alle um mich herum wieder in die Tüten greifen und nach Herzenslust knabbern. Ein Geknister liegt in der Luft, die Skala riecht nach Popkorn. Hier und da knutschende Pärchen. Ein kurzes Verschnaufen von meiner Seite - die Kinoidylle auskostent.

Der Kinosaal - mein Imperium


Edith Piaf -meine Verbündete- pflichtet mir kurz vor ihrem Tod bei alles richtig gemacht zu haben. Die Welt ist schön. Voll Liebe und Lauten: Non,...je ne regrette rien.

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